Terry Pratchett: Choosing to Die (Teil 2) - Zusammenfassung der Dokumentation - Der Mensch hinter dem Selbstmord

Ich wusste warum ich mir die Dokumentation gestern downgeloadet habe: seit heute ist sie nicht mehr auf Youtube zu finden. Nach dem gestrigen Posting möchte ich heute auf die Dokumentation eingehen, in Folge sollen weitere Postings über Pro und Contra erscheinen. 

Der Gedanke jemanden im Fernsehen sterben zu sehen, hat mich bereits beim Hören bedrückt; die Doku hat allerdings eine noch stärkere Wirkung. Sie ist wie ein Online Tagebuch aufgebaut: Pratchett, der selber unter Alzheimer leidet, nimmt den Zuseher auf eine bewusst ruhig gehaltene Reise durch die Gefühlswelten verschiedener Charaktere, die mal melancholisch mal traurig wirkt. Im Film wird bewusst keine Bewertung von aktiver Sterbehilfe vorgenommen, was der Doku einen fast sympathischen Charakter verleiht und damit auch den Sterbehilfegegnern den Wind aus den Segeln zu nehmen scheint. Pratchett lässt einfach die Bilder sprechen: 

  • Pratchett selbst, der an Alzheimer erkrankt ist und sich auf einer nachdenklichen Suche befindet, wie er sterben möchte
  • Peter Smedley, der an Amyotrophe Lateralsklerose leidet, einer unheilbare Erkrankung, die das motorischen Nervensystem beeinträchtigt 
  • Veerla Claus-De Wit: Witwe eines Schriftstellers, der an Alzheimer erkrankt und aktive Sterbehilfe gewählt hat
  • Mick Gordelier: wie Smedley leidet der ehemalige Taxler an Amyotrophe Lateralsklerose, hat sich allerdings zu einem Leben in einem Hospiz entschlossen
  • Andrew Colgan: litt an Multiple Sklerose, hat bereits 2 Selbstmordversuche hinter sich

Pratchett hat sehr geschickt die einzelnen Schicksale mit ihrer Gewalt dargestellt, es finden keine Diskussionen statt, sondern ein Gedankenaustausch über die relevante Krankheit. Den Freitod von Andrew Colgan kann Pratchett nicht ganz verkraften und wird schließlich von Peter Smedleys assistierten Selbstmord voll getroffen.


Der Mensch braucht Begleitung

Freitod, aktive Sterbehilfe, Suizid oder Selbstmord: schlussendlich ist der Akt des Sterbewilligen ein Selbstmord, der ihm von anderen erleichtert wird. Wenn sich jemand unabhängig von einer todbringenden Krankheit das Leben nehmen möchte, ist diese Person in einem psychisch sehr labilen Verfassung, die der Auslöser für eine suizidale Einengung ist. Dem Betroffenen fehlen die notwendigen "Ressourcen": Ehe, Partnerschaft, Freunde, Arbeit, etc. sind nicht mehr stark genug, die Person zu erfüllen, sondern bewirken das Gegenteil. Betroffene Personen benötigen Zuneigung - genauso wie Todkranke -, also in erste Hinsicht Menschen, die Verständnis und Halt bieten.


Das Leben in seiner Fülle

Abstraktion charakterisiert sich durch das Weglassens von Einzelheiten und des Überführens auf etwas Allgemeineres oder Einfacheres. Dass entscheidende/subjektive Elemente ausgeblendet werden, muss dabei in Kauf genommen werden. In der Sterbehilfe Debatte muss von beiden Seiten stark abstrahiert werden, sodass quasi nur mehr "legale Freitod Hilfe" und "legale Ermordung eines Lebensmüden" übrig bleibt.  Beide sind unschön und verkürzen das Thema: der Mensch als Person muss im Mittelpunkt stehen, und davon ausgehend über ein derartiges Thema diskutiert werden. Die Objektivierung des Individuums ist in diesem Fall die rechte Kontextuierung, die den Menschen in seiner Gesamtheit darstellt.


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